Gender Mainstreaming in rheinland-pfälzischen Kommunen
Ob Verkehrsplanung, Bauleitplanung, Kulturpolitik oder Wirtschaftspolitik: Auch in den Kommunen gilt, dass Politik nicht geschlechtsneutral ist.
Einige Kommunen in Rheinland-Pfalz haben bereits damit begonnen, Gender Mainstreaming als Leitprinzip zu verankern. Initiatorinnen des Prozesses sind in den Kommunalverwaltungen häufig die kommunalen Frauenbüros oder die Gleichstellungsstellen.
Die Arbeitsgemeinschaft Gleichstellung bei den Kommunalen Spitzenverbänden in Rheinland-Pfalz hat einen Gender Check - Handlungsempfehlungen zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in Kommunen erarbeitet.
Darüber hinaus haben sich bereits eine Reihe von Städten und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland auf die Anwendung von Gender Mainstreaming verständigt. Einige Beispiele dazu bietet eine Arbeitshilfe des Deutschen Städtetages.
Kommunale Beispiele aus Rheinland-Pfalz
Seit 2002 setzt sich die Stadt Kaiserslautern aktiv für die Gleichstellung von Frauen und Männern unter Anwendung der Strategie Gender Mainstreaming ein. Über die Situation von Frauen und Männern in Unternehmen, Einrichtungen und Institutionen in der Stadt, berichtete erstmalig für die Jahre 2002 und 2003, der von der Gleichstellungsbeauftragten erstellte Chancengleichheitsreport Kaiserslautern (390 kB, PDF*).
In den Folgejahren wurde die Umsetzung von Gender Mainstreaming fortgeführt. Am 2. Juli 2007 verabschiedete der Rat der Stadt Kaiserslautern dann als erste Kommune in Rheinland-Pfalz die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene. Diese Charta, die am 12. Juli 2007 vom Oberbürgermeister unterzeichnet wurde, dient dazu, das Grundrecht auf Gleichstellung umzusetzen, Diskriminierungen und Benachteiligungen zu beseitigen, Geschlechterstereotypen abzubauen sowie die unterschiedlichen Geschlechterperspektiven in alle Aktivitäten der Lokal- und Regionalregierungen einzubeziehen. Zur Zielerreichung ist ein Aktionsplan zu entwickeln und umzusetzen.
In den darauf folgenden zwei Jahren wurde von der Gleichstellungsbeauftragten Marlene Isenmann-Emser in Zusammenarbeit mit den Referaten der Stadt der Erste Kaiserslauterer Gleichstellungs-Aktionsplan (101 kB, PDF*) erarbeitet und im August 2009 der Öffentlichkeit vorgestellt. Darin enthalten sind insgesamt 61 umzusetzende Maßnahmen aus 17 Referaten der Kommunalverwaltung. Dazu zählen gleichstellungs- und familienfördernde Maßnahmen. Die Umsetzung des Gleichstellungs-Aktionsplans wurde von Juli 2011 an evaluiert und Ende November 2012 in einem Bericht dokumentiert. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für neue Aktionen.
Weitere geplante Aktionen basieren auf einer Befragung der AG Gleichstellung und der Gleichstellungsbeauftragten. Ein Fragebogen richtete sich an den Stadtrat, die Referatsleitungen der Stadtverwaltung, an Vereine und an das Netzwerk der Gleichstellungsbeauftragten in der Stadt Kaiserslautern. Daraus entstand der Entwurf des „Zweiten Kaiserslauterer Gleichstellungs-Aktionsplans“ mit 87 Aktionen. Voraussichtlich wird er Ende 2013 nach eingehenden Beratungen mit den ausführenden Stellen fertig gestellt sein.
Für ihr vorbildliches Engagement in familienbewusster Personalpolitik erhielt die Stadtverwaltung Kaiserslautern 2009 das Zertifikat zum Audit "berufundfamilie". Die Re-Auditierung dieses Prädikats ist aus Kostengründen nicht mehr erfolgt. Dennoch wurden weitere positive Maßnahmen in den Zweiten Kaiserslauterer Gleichstellungs-Aktionsplan integriert.
Nähere Informationen finden Sie fortlaufend auf der Website der Stadt Kaiserslautern (Leben in KL/
Gleichstellungsstelle/Europäische Charta).
Als dritte Kommune in Rheinland-Pfalz unterzeichnete am 9. August 2011 die Stadt Ludwigshafen die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene. Ziel ist, die Gleichstellung der Geschlechter in der Stadt weiter voranzubringen.
Nach den Vorgaben der Europäischen Union hat sich die Stadtverwaltung verpflichtet, verstärkt geeignete Maßnahmen für die Gleichstellung der Geschlechter zu ergreifen. Zugleich bekräftigt die Kommune ihr Bekenntnis zum Grundwert der Gleichstellung.
Die Unterzeichnung der Charta geht auf einen einstimmig gefassten Beschluss des Hauptausschusses der Stadt vom 9. Mai 2011 zurück. Mit dem Beitritt zur Charta hat die Stadt innerhalb von zwei Jahren einen Gleichstellungsaktionsplan zu erstellen. Der Gleichstellungsaktionsplan wurde am 23. September 2013 vom Rat der Stadt verabschiedet. Er wurde von der Gleichstellungsbeauftragten Susanne Diehl erstellt und gilt für zwei Jahre. In dieser Zeit erfolgt eine regelmäßige Datenerhebung. Diese dient der Überprüfung, ob und welche positiven Veränderungen sich auf kommunaler Ebene entwickeln und wo Ludwigshafen im Vergleich zu anderen europäischen Kommunen steht.
Damit wird der Gleichstellungsgedanke in allen Bereichen fest verankert und als Querschnittsaufgabe verbindlich umgesetzt.
Insgesamt sind 53 Maßnahmen aus mehr als 30 Verwaltungsbereichen entwickelt worden. Der Aktionsplan greift bewusst Aktivitäten auf, die bereits seit Jahren erfolgreich umgesetzt werden. Er enthält Maßnahmen und Projekte, die ausschließlich im Zuständigkeitsbereich der Verwaltung liegen, sowie die in Kooperation mit Verbänden oder anderen Institutionen konzipiert wurden.
Ein weiterer Schlüssel zur Geschlechtergerechtigkeit ist die Überwindung stereotyper Rollenbilder. Die Stadtverwaltung kommt ihrer Funktion als gendergerechte Planerin nach. Sie bezieht die unterschiedlichen Lebensrealitäten und Bedürfnisse von Frauen und Männern in die Gestaltungsprozesse ihrer Stadtentwicklung systematisch ein. Damit erhält die Gleichstellungsarbeit mehr Transparenz und Verbindlichkeit.
Die städtischen Aktivitäten sollen auch andere Akteurinnen und Akteure auf lokaler Ebene anregen, selbst Maßnahmen zu ergreifen, die die Gleichstellung von Frauen und Männern fördert.
Weitere Informationen lesen Sie bitte nach auf der Website der Stadt Ludwigshafen.
Aus Gender Mainstreaming wurde bereits im Jahr 2000 Gender MAINZstreaming. Mit vielen kleineren und größeren Projekten wird seither in der Stadt Mainz daran gearbeitet, Gender Mainstreaming als Leitmotiv städtischen Handelns zu verankern. So hat der Stadtrat am 20. Februar 2002 einen Grundsatzbeschluss zur Einführung von Gender Mainstreaming gefasst und eine verwaltungsinterne Projektgruppe damit beauftragt, Gender MAINZstreaming- Ein Konzept für Frauen und Männer zur Umsetzung von Gender Mainstreaming zu erarbeiten.
Darin enthalten sind auch ein Fragenkatalog Gender-Check 1 und eine allgemeine Checkliste Gender-Check 2, die es den Beschäftigten der Verwaltung erleichtern sollen, den Zugang zu Gender Mainstreaming in der eigenen Arbeit zu finden.
Am 20. Februar 2008 unterzeichnete die Landeshauptstadt Mainz die Europäischen Charta zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE). Die Charta bietet einen gesamteuropäischen Rahmen für die kommunale Ebene und richtet den Blick auf deren Handlungsmöglichkeiten. Zudem eröffnet sie die Chance, die bisherigen Maßnahmen zur Gleichstellung zu überprüfen und verbindliche neue Akzente zu setzen. Mit der Unterzeichnung verpflichtet sich die Stadt einen Gleichstellungsaktionsplan zu erarbeiten, dem der Mainzer Stadtrat am 30. Juni 2010 zugestimmt hat. Der Plan ist für den Zeitraum 2010 - 2012 festgelegt. Er knüpft bewusst an die Themen und Maßnahmen an, die bereits in der Stadt bearbeitet werden. Verwaltung und Politik haben sich auf 37 einzelne Maßnahmen und Projekte in acht Handlungsfeldern verständigt:
- Repräsentation/Partizipation
- Geschlechterstereotype
- Gewalt gegen Frauen und Kinder
- Gender Budgeting
- Integration/Migration
- Arbeit
- Gesundheit
- Stadtplanung und Mobilität
Ziel des Gleichstellungsaktionsplanes ist es, die künftige Entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern festzulegen. Das geschieht durch das Fortschreiben der Handlungsfelder, die noch stärker zur Aufgabe aller werden sollen, die in der Politik und Verwaltung Verantwortung tragen.
Informationen zu einzelnen Aktivitäten und Downloads erhalten Sie auf der Webseite des Frauenbüros der Stadt Mainz.
Die Stadt Speyer setzt seit 2002 Gender Mainstreaming kontinuierlich um. Von Beginn an begleitete eine Projektgruppe den Gender-Prozess in der kommunalen Verwaltung. Führungs- und Fachkräfte verschiedener Fachbereiche beteiligten sich in mehreren Handlungsfeldern.
Im Bereich der Personalentwicklung sind Gender-Aspekte im 2005 entwickelten Leitbild der Führungskräfte fest verankert. Ebenfalls berücksichtigt ist die gleichstellungspolitische Strategie in den Beurteilungsrichtlinien, im Fortbildungsbereich und bei den Zielvereinbarungen zum Leistungsentgelt.
Von 2009 bis 2011 nahm die Stadtverwaltung am „Audit Beruf und Familie“ der Hertie-Stiftung teil. In diesem Rahmen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlreiche Maßnahmen entwickelt und damit zur Chancengleichheit beigetragen.
Die Kommune setzt auch im Bereich der Stadtentwicklung auf Gender Mainstreaming, wie etwa bei der Flächennutzungsplanung und beim Projekt "Soziale Stadt". Das Bund-Länder-Programm berücksichtigt geschlechterspezifische Aspekte. Mit der Verbesserung des Wohnumfelds findet auch eine städtebauliche Aufwertung statt. Das Projekt wurde von 2003 bis 2009 erfolgreich im Projektgebiet Speyer-Nord mit breiter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erprobt. Seit 2008 wird ein Folgeprojekt in Speyer-West praktiziert.
Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung hat dieses Projekt wegen des expliziten Gender-Bezugs und einer entsprechenden Zielsetzung als "Gutes Beispiel" ausgezeichnet.
Der Stadtrat hat im März 2012 die Einführung von Gender Budgeting in einer Sitzung als finanzpolitisches Instrument von Gender Mainstreaming erörtert. Wie die Gleichstellungsbeauftragte in einem Vortrag zum aktuellen Umsetzungsstand in anderen Kommunen erläuterte, soll Gender Budgeting zu mehr Haushaltstransparenz beitragen. Bei Politik und Verwaltung liegen derzeit Bedenken zur Umsetzung vor, die die Effektivität, das Personal und die Kosten betreffen. Unabhängig von der weiteren Entwicklung wird Speyer auch zukünftig eine aktive Gleichstellungspolitik gestalten.
Nach einer gemeinsamen Konferenz des damaligen Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen, der Planungsgemeinschaft Westpfalz und den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten aus der Region Westpfalz im Jahr 2001 wurde die Verbindung von räumlicher Planung und Gender Mainstreaming weiterentwickelt.
Die Broschüre "Gender Mainstreaming in der räumlichen Planung - Gender Planning - Von Peking über Amsterdam in die Westpfalz" (1,8 MB, PDF*) zeigt auf, wie eine an den Bedürfnissen von Frauen und Männern ausgerichtete Planung eines sanierungsbedürftigen innerstädtischen Wohnblocks und eines Umbaus einer Sporthalle aussehen könnte.
In den folgenden Jahren lag der Schwerpunkt auf der Dorferneuerungsplanung. Die Gleichstellungsbeauftragten der Landkreise Kaiserslautern, Kusel, Donnersbergkreis und des Bezirksverbandes Pfalz, trieben die gendergerechte Dorferneuerungsplanung in ausgewählten Gemeinden in der Region Westpfalz gemeinsam mit den politisch Verantwortlichen, den für die Dorferneuerung tätigen Planungsbüros und unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger voran. Höhepunkt war 2006 eine Tagung zur Dorferneuerung unter dem Leitmotiv Gender Mainstreaming. Als zentrales Ergebnis ist festzuhalten, dass durch Gender Mainstreaming die Bürger- und Bürgerinnenbeteiligung und die Kommunikation zwischen den Beteiligten eine neue Dimension erfahren hat. Zukünftig sollen neue Leitbilder und Lösungen unter dem Gender-Gedanken entwickelt werden.
Als Vorreiterin in Sachen gendergerechte Dorferneuerung präsentierte sich die Ortsgemeinde Morschheim im Donnersbergkreis, die unter anderem einen alten Pfarrgarten unter Bürgerbeteiligung neu geplant hat. So entstand ein Bürgergarten, der generationenübergreifend und geschlechtergerecht gestaltet ist.
Die Ortsgemeinden Mackenbach und Martinshöhe im Landkreis Kaiserslautern haben mit der Planung der Dorferneuerung unter Einbeziehung von Gender Mainstreaming unter dem Motto "Unser Dorf bleibt lebens- und liebenswert" begonnen. Damit stellten sie die Weichen für ein erneuertes, modernes Dorf, das auch den demografischen Veränderungen Rechnung trägt.
Die Stadt Trier hat sich das Ziel gesetzt, die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen zu fördern und bei allen Entscheidungen die Belange beider Geschlechter einzubeziehen. Seit 2001 wurde die Strategie Gender Mainstreaming in verschiedenen Gremien vorgestellt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Fortbildungsmaßnahmen sensibilisiert.
Am 10. Januar 2011 beschloss der Steuerungsausschuss der Stadt, mit Gender Budgeting Geschlechtergerechtigkeit auch in der Finanz- und Haushaltspolitik umzusetzen. Gleichzeitig setzte der Ausschuss ein internes Steuerungsgremium auf Verwaltungsebene ein und betraute externe Expertinnen und Experten mit dem Erproben von Gender Budgeting im Jugendamt der Stadt.
Bereits im Jahr 2010 wurde eine Workshop-Reihe zum Gender Budgeting im Jugendamt durchgeführt. Finanziell wurde diese Maßnahme unterstützt durch das damalige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen. Erste Ergebnisse dokumentiert der Erfahrungsbericht "Workshopreihe Gender Budgeting im Produkthaushalt des Jugendamtes der Stadt Trier".
Der begonnene Prozess im Jugendamt wird fortgeführt. Darüber hinaus beschloss der Steuerungsausschuss 2011 eine Workshop-Reihe im Dezernat Wirtschaft, Tourismus, Kultur, Sicherheit, Ordnung durchzuführen. Dafür konnte das Amt für Kulturmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und grenzüberschreitende Kooperationen gewonnen werden.